Mehr Technologie, weniger Ideologie – Auf dem Weg zum grünen Stahl

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Grüner wird’s nicht“ ging es am 3. Juni um die Einsatzmöglichkeiten und die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Stahl.

Grüner Stahl ist technologisch möglich

Technologisch ist die Erzeugung grünen Stahls entlang der gesamten Lieferkette möglich. Ein in seiner Größenordnung und Technologie einmaliges Projekt entsteht derzeit in Schweden. Mit einer Investitionssumme von 6,5 Mrd. Euro wird dort das weltweit erste großtechnische grüne Stahlwerk gebaut. Der Produktionsbeginn ist für 2026 geplant. Dann sollen mithilfe von grünem Wasserstoff wettbewerbsfähig grünes Eisen und grüner Stahl produziert werden.

Der deutsche Anlagenbauer SMS group ist Teil des Projekts. CTO Dr. Thomas Hansmann sieht in Stegra einen Beweis für die grüne Transformation in der Stahlproduktion – warnt aber zugleich: Das Modell ist nicht leicht übertragbar: Es braucht niedrige Energiepreise, grünen Strom und verfügbaren Wasserstoff.

„Kohlenstoff durch Wasserstoff zu ersetzen ist technologisch relativ einfach, aber praktisch sehr komplex“, so Hansmann.

Recycling wird in Deutschland immer wichtiger

In Ländern wie Deutschland, wo Energie teuer ist und Rohstoffe knapp sind, spielt Recycling eine zentrale Rolle. Bernd Fleschenberg, Geschäftsführer der TSR Group, betont:

„Der Erhalt industrieller Prozesse in Europa ist notwendig, um im geopolitischen Wettbewerb bestehen zu können und die Rohstofferzeugung zu sichern.“

Urban Mining ist das Stichwort, also die Aufbereitung und Wiederverwendung etwa von Eisen- und Nichteisenmetallen, Glas und Kunststoffenrezyklaten aus Post-Consumer-Produkten. Dafür braucht es effiziente Sammelsysteme und die Unterstützung der Politik, um Investitionsanreize für moderne Aufbereitungstechnologien zu setzen. Und es braucht einen realistischen Blick auf den Status quo in der Industrie, denn in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren wird Erdgas als Energiequelle nur sehr schwer zu ersetzen sein.

„Wenn wir die Lieferketten verändern, ein neues Bewusstsein schaffen und die Resilienz der Industrie stärken, führt das automatisch auch zu ökonomischen Vorteilen, weniger Energieverbrauch und weniger CO2-Emissionen“

Förderprogramme und Investitionspotenzial in Osteuropa

Florian Schneider, Partner bei Dentons Europe, verweist auf attraktive Förderprogramme – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene:

„Banken sind eher bereit, grüne Projekte zu finanzieren.“

Insbesondere in den Ländern des Ost-Ausschusses – von den baltischen Staaten über Mitteleuropa bis nach Zentralasien – sieht er große Chancen für den Einsatz von grünem Stahl.
Gleichzeitig warnt Schneider vor Greenwashing:

„Nicht überall, wo grün draufsteht, ist auch grün drin.“

Ein Hindernis: Produzenten müssen Investoren überzeugen, dass trotz hoher Anfangskosten und langer Amortisation ein echter Business-Case entstehen kann.

Autor: Jens Böhlmann

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